Mittwoch, 7. Januar 2009

Stufen zum Himmel



Architektur der Maya mit überraschender Symbolik

Gisela Ermel

In: Sagenhafte Zeiten, Nr. 4, Beatenber 2005



Neue Entdeckungen und alte Mythen offenbaren einen erstaunlichen Zusammenhang: Die Mayakönige imitierten bei ihrem Amtsantritt den Aufstieg eines Gottes in den Himmel. Verblüffende architektonische Elemente werfen die Frage auf, warum dieser Weg zu den Sternen über Gänge, Stufen und eine Ausstiegsluke erfolgte.

Die Mayakultur Mesoamerikas weist zahlreiche für die Paläo-SETI-Forschung interessante Merkmale auf, über die bereits viel publiziert wurde - von der hochstehenden Astronomie und Mathematik über Göttermythen bis hin zum rätselhaften Verlassen der grossartigen Städte. Doch die Maya sind immer wieder für eine Überraschung gut und zwingen die Archäologen dazu, umzudenken. So entpuppten sich in den 1990er Jahren vermeintliche "Tanzplattformen" als etwas völlig anderes, als etwas, das sie aus prä-astronautischer Sicht zu einem unübersehbaren Hinweis macht auf einen einstmaligen Kontakt zwischen "Himmel und Erde".



Kontakt mit dem Himmel

1990 begannen die Archäologen und Maya-Experten David Freidel und Charles Suhler mit Ausgrabungen in Yaxuná, einer riesigen, über 640 Ruinenhügel umfassenden Mayastadt im nördlichen Flachland von Mexiko. Ihre Ausgrabungen konzentrierten sich auf die Struktur "6E-120", eine Plattform des Residenzkomplexes aus der Blütezeit des Ortes. Was beide Forscher stutzig machte, war die Tatsache, dass so viel Keramik aus der Zeit zwischen 300 v.Chr. bis 200 n.Chr. (späte Vorklassik) bei dieser Plattform gefunden wurde sowie das Aussehen des Bauwerks, das nicht zu den anderen Residenzplattformen der Klassik passen wollte.

Suhler und Freidel empfanden diese Struktur als rätselhaft. Sie passte in keine Standard-Kategorie der Maya-Architektur. Weder war dies eine einfache solide Plattform mit Überbau noch war es eine ebenerdige Mauerwerkstruktur. Was diese Plattform so anders machte, war das Labyrinthsystem aus unterirdischen Korridoren mit mehreren Eingängen, das im Zentrum in eine Kammer führte. Noch seltsamer war die Treppe, die von einem der Korridore hinaufführte zu einer Art horizontaler Falltüre auf der Oberfläche der Plattform. 6E-120 zwang die beiden Archäologen dazu, noch einmal gründlich über die vermuteten Funktionen von Mayagebäuden nachzudenken. Hier schien irgend etwas anders gewesen zu sein, pflegten die Maya doch sonst ihre Plattformen von aussen über Treppen zu ersteigen. Aber hier hatte den Bauherren offenbar ein Bau vorgeschwebt, bei dem die Benutzer über Korridore eine komplizierte "Reise" machten zu einer zentralen Kammer, und dann über eine Innentreppe durch eine Falltüre auf die Oberfläche des Gebäudes hinauf gelangten.

Das Problem mit dieser Plattform bestand für die beiden Mayaisten darin, dass sie anscheinend einzigartig war. Kein anderer Archäologe hatte jemals, soweit ihnen damals bekannt war, ein Bauwerk wie dieses erwähnt.



Überraschungsfund

Doch die nächste Grabungssaison brachte eine Überraschung. Die Altertumsforscher entdeckten ein zweites, nahezu identisches Bauwerk. Da hatte man nun also zwei Plattformen mit unterirdischen Korridoren, mit Geheimkammer, Aufstieg und Falltüre, nahe beieinander liegend, und beide in die späte Vorklassik zu datieren. Freidel und Suhler war klar, dass sie es hier mit einem besonderen "Design" zu tun hatten, einem speziellen Bauwerk-Typus. Da man davon ausgehen konnte, dass die Maya von Yaxuná nicht anders dachten und bauten als anderswo, suchten die Experten nach ähnlichen Bauwerken an anderen Orten. Und sie wurden fündig.

Das erste Beispiel, das sie fanden, war ein Bauwerk aus der späten Klassik in Copán (Peten-Region, Honduras). Hier hatte in den 1940er Jahren Tatjana Proskouriakoff den sog. "Tempel 11" restauriert, eines der Hauptbauwerke der Stadt. Auch dieses Gebäude war eine Plattform mit innenliegenden Korridoren, ausgehend von Eingängen an jeder Seite der rechteckigen Mauern. Im Zentrum, wo sich die Korridore trafen, gab es eine "Thronbank", auf beiden Seiten flankiert von Treppen, die zu einer Falltüre hinaufführten, durch die man auf die Oberfläche des Gebäudes gelangte.

Tempel 11 in Copán

Der "aufgerichtete Himmel"

An diesem Bauwerk gab es Inschriften auf Steintafeln an den Eingängen, die darüber informierten, dass das Gebäude am 26. September 766 eingeweiht worden war, errichtet unter König Yax Pak, dem letzten grossen Herrscher von Copán. Äusserst interessant war der hier dokumentierte Name des Bauwerkes: "pat chan", was soviel bedeutet wie "Unterseite des Himmels". Statuen der alten Götter der vier Himmelsrichtungen hielten eine massive Schlange hoch, die sich über die Frontseite des Bauwerkes wand. Freidel und Suhler wussten, dass nach herkömmlicher Deutung der Mayasymbolik diese Schlange das "kosmische Monster" repräsentierte, ein Symbol für den ekliptischen Pfad der Sonne durch die Sternkonstellationen. Ihre Schlussfolgerung: Wenn der König durch die Korridore und die Falltüre auf die Oberfläche der Plattform kletterte, erstieg er sozusagen symbolisch den Himmel.

Die Ikonographie im Innern des Gebäudes sprach die gleiche Sprache. Die "Thronbank" war umrahmt von einem Mosaik, ein "Drachenmaul" darstellend, und laut der gängigen Interpretation symbolisierte es das Tor zwischen der Welt der Götter und der Welt der Menschen. Für die Maya-Expertin Linda Schele ist dies auch ein Symbol für die Milchstraße, und die Thronbank, so ihre Annahme, stehe genau auf der Stelle, an der "Erster Vater" Hun Nal Ye den Himmel "erstieg". Wir haben also zu tun mit einem unglaublich komplizierten und noch völlig unverstandenen Mythos um einen "Event", der im Zusammenhang steht mit einem zentralen Ereignis: "Erster Vater" wurde am Tag Null des Long Count-Kalenders von den "rudernden Paddlergöttern" in den Himmel befördert. An diesem Tag "4 Ahau 8 Cumcu" - meist zurückgerechnet auf das Datum 13. August 3114 v.Chr. - erfolgte zudem laut Mythologie das "Aufstellen" der "drei Herdsteine" am oder im Himmel. Dieses Ereignis war nicht nur für die Maya von extremer Wichtigkeit, sondern es lässt sich bereits für die viel älteren Olmeken nachweisen, wie ich noch zeigen werde.


Aufstieg der göttlichen Zwillinge

Freidel und Suhler hatten in der Zwischenzeit von einem äusserst interessanten frühen spanischen Bericht Kenntnis erhalten, den der Mayaforscher Michael Coe 1989 in einem Buch beschrieben hatte. Unter der Schirmherrschaft der Dominikanermönche von Verapaz hatten Mayaindianer am 24. Juni 1543 anlässlich der Einweihung einer neuen Stadt, San Juan Chaleco, und des Amtsantritts des dort vorgesehenen Kaziken (Stammesfürst) einen Ritus durchführen dürfen. Stätte der Aufführung war eine Plattform mit Falltüre und darunterliegender Geheimkammer.

Nachdem der "Kazike aller Kaziken" Ah Pop'o Batz erst einmal vorschriftsmässig getauft und eine christliche Messe abgehalten worden war, begann das Mayaspektakel mit dem ohrenbetäubenden Schall von Muscheltrompeten, Schildkrötenpanzern und anderen Instrumenten. Als Krönung des Schaustücks öffnete sich plötzlich auf der Plattform eine Falltüre, aus der die prachtvoll gewandeten "Hero Twins", die göttlichen Zwillinge, den Himmel bestiegen. Die beiden Söhne von Erstem Vater waren am Ende einer Reise angelangt, die sie über Erde und Unterwelt und nach haarsträubenden Abenteuern, die man der zahlreichen Zuschauer wegen oben auf der Plattform dargestellt hatte, nun im Himmel angekommen.

Die Bühnenwechsel waren stets in alles verhüllendemRauch zelebriert worden, und die Falltüre kam erst zum Einsatz, als die Hauptdarsteller das "himmlische Gefilde" erreichten. Nebenbei bemerkt, kennen auch nordamerikanische Indianermythen Besuche von "göttlichen Zwillingen" droben im Himmel bei ihrem ebenfalls "göttlichen" Vater.

Nach Meinung von David Freidel und Charles Suhler waren die Plattformen in Yaxuná und Copán entworfen worden, um die Reise der Götter in den Himmel zu imitieren. War dies ein feierliches Ritual gewesen beim Amtsantritt eines neuen Herrschers?

Bald entdeckten die beiden Forscher noch weitere Parallelen. Palenque, im fernen Westen des Maya-Tieflandes gelegen (Copán im Südosten), zeigte im "Haus E" des Stadtpalastes Ähnlichkeit mit diesem Baudesign. "Haus E" war ein Krönungsraum gewesen für die spätere Dynastie. Auch dieses Bauwerk enthielt eine Falltüre über einer Treppe, die hinabführte in ein unterirdisches Labyrinth von Korridoren und Räumen innerhalb der Plattform.



Haus E in Palenque


Hier fanden die beiden Wissenschaftler das "Kosmosmonster-Design" über einem der Eingänge, das Bauwerk mit dem Himmel gleichsetzend.

Und sie stiessen auf eine weitere Überraschung. Ein späterer Herrscher der Stadt hatte draussen vor dem Gebäude einen freistehenden Turm errichten lassen. "Wurde etwa auch dieser Turm von Königen benutzt, um 'metaphorisch' den Himmel zu ersteigen?" fragten sich Freidel und Suhler. Hatte zum ursprünglichen Design ein Holzgerüst gehört? Struktur 6E-120 in Yaxuná hatte auf der Oberfläche merkwürdige Pfostenlöcher enthalten. Wofür? War hier der Herrscher auf einem Holzgerüst noch höher hinauf geklettert?


Symbole des Kosmos

Auf diese Idee gekommen waren die Forscher durch bebilderte Steinstelen in Piedras Negras, die Könige beim Amtsantritt zeigen, sitzend in Nischen oben auf Gerüsten, auf die sie nur mittels Leitern gelangt sein konnten. Diese Gerüste waren dekoriert mit "kosmologischen Symbolen" und Himmelsbändern. Die Schlussfolgerung der beiden Archäologen daraus ist schon beinahe prä-astronautisch: Hier wurden wahrscheinlich die Könige auf einer Reise in den Himmel gezeigt.

Wir können natürlich noch ein wenig weiterdenken. Wie kamen die Maya überhaupt auf die Idee, man könne in den Himmel reisen? Und wie kamen sie auf die Vorstellung, dass da oben im Himmel jemand wohnt? Das sind die entscheidenden Fragen, die ich noch in keinem einzigen archäologischen Buch gefunden habe.

Fast jeder jat schon einmal die ebenso beeindruckenden wie rätselhaften Dachaufbauten auf den Fotos von Mayabauwerken gesehen, genannt "Cresteria" (span. = Hahnenkamm), ein markantes Merkmal der Maya-Architektur. Sie haben keinen konstruktiven Sinn und sind nur Verzierung. So hiess es bisher.


Typischer Dachaufbau - Cresceria -, hier in Palenque

Freidel und Suhler denken anders. Sind dies die gemauerten Entsprechungen der hölzernen Gerüste? In Palenque rekonstruierte Merle Greene Robertson in den 1970er Jahren solch einen Dachaufbau auf dem Tempel der Sonne. Dort wird der Herrscher gezeigt, sitzend in einem Gerüst aus Mauerwerk, dekoriert mit dem Himmelsband, ähnlich wie in den königlichen Gerüstnischen von Piedras Negras. Den Kopf der Herrscher - sowohl in Piedras Negras als auch in Palenque - schmückt ein "magischer Vogelkopf", und unter dem Herrscher befindet sich ein Symbol für das Tor zum Himmel. Der sitzende Herrscher ist flankiert von tanzenden und auf Schlangenleibern "reitenden" Göttern. Ist hier bildnerisch dargestellt, wie der Herrscher aus dem "Tor-Monster" herauskommt und in den Himmel aufsteigt?
Immer stärker kristallisiert sich heraus, dass man es mit einem alten und weit verbreiteten Architekturstil oder Motiv der Mayakultur zu tun haben muss. Der typische Maya-Dachaufbau soll nach Meinung von Freidel und Suhler den Himmel darstellen, in den der Herrscher hinaufsteigt. Der sog. Tempel der Sonne in Palenque hat einen bis heute erhaltenen Innenraum, durch den man sozusagen im Dach herumgehen konnte. Linda Schele fand die Steinfundamente für eine hölzerne Leiter, die einst zu einer Öffnung in der Spitze des Daches führte. Laut Freidel und Suhler ein weiteres Beispiel einer Vorrichtung zur Imitation einer Himmelsreise.
Dies Design findet sich auch in der Mayastadt Toniná. In einer überdachten Nische entdeckten Ausgräber einen Thron mit erhöhtem Podium. Diese Nische konnte nur erreicht werden über eine schmale Treppe. Stuckfiguren hinter dem Thron zeigen wieder Himmelssymbole, und ein Eingang führt in ein Labyrinth aus unterirdischen Korridoren.
Himmelsreise-Architektur
Alles in allem fanden Freidel und Suhler eine ganze Anzahl von Design-Formen, miteinander verwandt durch die gleiche dahinterstehende Symbolik, ausgedrückt durch einen begehbaren Weg in den Himmel. Himmelsreise-Architektur liegt somit aus der späten Vorklassik, der Klassik und sogar noch aus der Eroberungszeit vor, letztere in Verbindung mit einem Ritus, der sicher auch an anderen Orten praktiziert wurde. Ein Motiv, das in der Architektur über einen derart langen Zeitraum auftaucht, muss überaus bedeutsam gewesen sein.
Nicht alle Archäologen stimmen mit der Interpretation von Freidel und Suhler überein und plädieren für "symbolische Schwitzbäder" oder "metaphorische Geburtshütten" und ähnlich Unsinniges. Das Fazit der beiden Ausgräber ist gaz klar: Diese Architekturform wurde in erster Linie entworfen, um den Herrscher zur zeremoniellen Feier seines Amtsantritts eine Himmelsreise durchführen zu lassen, die vielleicht der himmlischen Reise des "Ersten Vaters" nachempfunden wurde.
13. August 3114 v.Chr.
Was war "Wakan Chan Nal", der "Himmelsaufrichteplatz", der Ort, an dem Erster Vater sein "Haus ordnete" und wo er den Himmel "betreten" hatte? Was waren die "drei Herdsteine", die hier "aufgestellt" worden waren? Was geschah am 13. August 3114 v.Chr.?
Die "drei Herdsteine" werden von einigen Mayaforschern gerne als drei Sterne aus der Konstellation Orion gedeutet. Doch ist dies nur Spekulation. Aber offenbar werden sie architektonisch durch den Drei-Tempel-Komplex der Maya symbolisiert. Für solche Monumentalbaukomplexe wurde ein enormer Arbeitsaufwand betrieben, und diese Architekturform geht zeitlich weit vor die oben beschriebenen Himmelsreise-Plattformen zurück.
Um 300 v.Chr. erschien diese Bauform plötzlich im Mayaland und zeigt nach Ansicht vieler Altamerikanisten einen auffälligen Wechsel in der Ideologie. Typische Dreiergruppen gibt es in alten Mayastädten wie Nakbé, El Mirador, Uaxactún, Tikal und vielen anderen. Prof. Linda Schele war es, die hier als erste einen Zusammenhang mit den mysteriösen "drei Herdsteinen" am Himmel und mit dem Datum Null der großen Kalenderrunde vermutete. Es wird angenommen, dass diese Komplexe nur die stilisierten und vereinfachten Nachfolger sind der als E-Gruppen bezeichneten Gebäude, die eine der Hauptarchitekturentwicklungen zwischen 1200 - 800 v.Chr. waren. Weiter geführt wurde diese Baukunst sogar bis zur Klassik, verziert mit Schlangen- und Vogelmotiven.
Diese E-Gruppen wurden nach dem ersten solcherart identifizierten Baukomplex - E 7-Sub - in Uaxactún benannt. Schon der damalige Ausgräber Frans Blom (1920er Jahre) vermutete eine astronomische Bedeutung der Bauwerke. Er sollte Recht behalten. E 7-Sub befindet sich auf der Westseite des Platzes, dem auf der Ostseite des Platzes drei kleinere Bauwerke gegenüberstehen. Diese sind so platziert, dass man von E 7-Sub aus die Sonne zur Sommersonnenwende über dem ersten kleinen Bauwerk aufgehen sieht, zur Tages- und Nachtgleiche über dem mittleren, und zur Wintersonnewende über dem dritten. Nach Meinung vieler Mayaexperten ist dieser Bauwerkkomplex ein Symbol für den Platz am / im Himmel mit den"drei Herdsteinen", der so bedeutend ist für den 13. August 3114 v.Chr.
Der Komplex E 7-Sub mit den dazugehörenden drei kleinen Pyramiden in Uaxactún

Es begann mit den Olmeken
Welch grosse Bedeutung dieses Datum für das alte Mesoamerika besass, zeigen schon Bauwerke der Olmeken. In ihrer uralten Stadt La Venta (Beginn ca. 900 v.Chr.) findet man das früheste Beispiel von Architektur, die astronomisch auf einen Punkt am Horizont ausgerichtet wurde, an dem jedes Jahr am 13. August die Sonne untergeht! Immer wieder stösst man auf dieses Datum in Mesoamerika. Was war daran so wichtig, dass man Bauwerke über 2000 Jahre hinweg auf diesen Punkt am Horizont ausrichtete? Die Mythologie, die sich um dies mysteriöse Datum dreht, das im Long Count-Kalender heute gern als Tag Null bezeichnet wird, dreht sich unter anderem um die Himmelsreise von "Erstem Vater". Wurde dessen Reise in den Himmel mit viel bauhandwerklicher und zeremonieller Mühe immer wieder und wieder imitiert?

Das geheimnisvolle Ereignis am 13. August 3114 v.Chr. auf Stein festgehalten in Palenque
Wesen aus dem Himmel
Die Teuchitlan-Architektur scheint ein weiteres Beispiel für symbolische Darstellung der möglichen Reise zwischen Himmel und Erde zu bieten. Es handelt sich hierbei um Zeremonialkomplexe mit runden Pyramiden, kreisförmig umgeben von meist acht Plattformen. Die runde Pyramide enthielt eine Art Altar mit Pfostenloch, von dem Mayaforscher vermuten, es diente als Halterung für einen Pfahl, mit dem eine sehr frühe Volador-Zeremonie durchgeführt wurde (= eine Zeremonie, bei der die Herabkunft von Göttern aus dem Himmel auf die Erde durch an Seilen von einem Pfahl herab schwebende Indianer dargestellt wurde, und das an einigen Mayaorten noch bis heute).
Diese Bauform gibt es ab ca. 300 v.Chr. (also zeitgleich mit den Drei-Tempel-Komplexen), vor allem im Hochland von Jalisco, Mexiko. Bisher waren viele Forscher der Meinung, diese Bauform sei viel zu extravagant, um mesoamerikanisch zu sein. Figürliche Keramik, die man in diesen Stätten fand, überraschte die Ausgräber. Hier wurden zeremonielle Szenen anschaulich in Ton dargestellt, darunter auch eine Szene mit einer Stange. Fachleute vermuten, dass sich es hier um die Darstellung einer Volador-Zeremonie handeln könnte. Damit fügt sich auch Teuchitlan ein in die Himmelsreise-Architektur.
Himmelsreisen wurden hier anscheinend ebenfalls zelebriert, wenn auch auf andere Weise, als in den Plattformen mit ihren Falltüren, Treppen und Korridoren. Offenbar kletterten die alten Mayaherrscher am Tage ihres Amtsantritts über Treppen, Leitern, Gerüste und durch Falltüren "in den Himmel" hinauf. Das Thema Himmelsreise muss für ganz Mesoamerika von überragender Bedeutung gewesen sein, und es ist nun an uns, herauszufinden, warum.
Literatur:
Beekman, Ch. S.: Ceremony, Symbolism, and Public Architecture in Late Formative Jalisco. www.hometown.aol.com/cbeekman/articles/aaa99pap.pdf
Freidel, D. / Suhler, Ch.: The Path of Life: Towards a Functional Analysis of Ancient Maya Architecture. www.maya.csuhayward.edu/yaxuna/path.html
Freidel, D. / Suhler, Ch.: Mayan Warfare. www.mc.maricopa.edu/d10/anthro2003/readings/mayan_warfare.html
Malmström, V.H.: Architecture, Astronomy and Calendrics in Pre-Columbian Mesoamerica. In: Ray a. Williamson: Archaeoastronomy in the Americas. Balena Press, Center for Archaeoastronomy 1981
Malmström, V.H.: Cycles of the Sun, Mysteries of the Moon: The Calendar in Mesoamerican Civilization. Austin, Texas, 1997
Schele, L. / Villela, K.D.: Creation, Cosmos and the Imagery of Palenque and Copán. www.mesoweb.com/pari/publications/RT10/creation.pdf

Mehr zum Thema:
Gisela Ermel: Das Heilige Bündel der Azteken.
Kultursprung, Masterplan und Götterstimmen: Mittelamerikas rätselhafte Vergangenheit.
Ancient Mail Verlag, Gross-Gerau 2007
ISBN 978-3-935910-44-6
272 Seiten, zahlreiche Abbildungen




















































































































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